Veröffentlicht am 10. Oktober 2023 in Technik.

Die „Kippe“ ist schon lange out

Besser Lüften mit Konzept: Wohnraumlüftungssysteme

Wohnraumlüftungssysteme sind aus energetischen und lufthygienischen Gründen heute besser als manuelles Querlüften und erst Recht besser als der Klassiker Fensterkippe. Hervorzuheben sind dabei dann die Systeme, die zusätzlich eine Wärmerückgewinnung bieten.
 
Fenster öffnen ist seit jeher das Alltags-Mittel der Wahl, um verbrauchte Luft hinaus zu befördern und gleichzeitig Feuchte aus der Raumluft zu entfernen. Aber es gibt hier ein paar Grundsätze, die Du beherzigen solltest: Sie „auf Kipp“ stellen ist keine gute Lösung, sondern nur das Stoß- und/oder Querlüften, d. h. entweder das Fenster in einem Raum für einige Minuten ganz aufreißen und/oder in mehreren Räumen zugleich bei offenen Türen, so dass ein Durchzug durch die gesamte Wohnung entsteht.

Der Haken an der Sache

Der Haken bei diesem sogenannten manuellen Lüften ist allerdings, dass darüber auch eine Menge Wärme verloren geht. Wenn heute schon die Wärmeverluste eines gut gedämmten Hauses zu 50 % auf das Konto manuellen Lüftens geht, dann wird sich dieser Wärmeverlust-Anteil prozentual in Zukunft noch erhöhen, je besser die Häuser gedämmt sind.

Oft unterwegs bei Fensterlüftung

Dennoch muss regelmäßig gelüftet werden. In den Wohnräumen und insbesondere auch im Schlafzimmer sinkt die Luftqualität durch das beim Atmen freigesetzte CO2 sehr schnell ab. In der Praxis kannst Du natürlich selbst aufstehen, um das bzw. die Fenster zu öffnen. Um den nötigen Luftwechsel herzustellen, müsstest Du das alle zwei Stunden machen, auch nachts.

Lüftungskonzept ist Norm

Die DIN 1946-6 (Norm für die Lüftung von Wohngebäuden) besagt deshalb, dass bei allen Neubauten oder Sanierungen, bei denen mehr als 1/3 der Fenster am Gebäude getauscht werden bzw. im Einfamilienhaus mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird, ein Lüftungskonzept zu erstellen ist. Bestandteil eines solchen sind heute nutzerunabhängige Lüftungssysteme („kontrollierte Wohnraumlüftung“). Im Neubau wird die kontrollierte Wohnraumlüftung heute von Anfang an mit in die Planung einbezogen. Aber auch die Integration bei der nachträglichen Sanierung eines Hauses ist kein Hexenwerk, weil es dafür durchdachte Lösungen gibt.

Quelle: Bosch

Manko automatisierte Querlüftung

Die einfachste Form unter den Lüftungsanlagen ist die automatisierte Querlüftung. Bei der Querlüftung sind die Frischluftzuführung und Fortluftableitung über in die Außenwände integrierte Außenluftdurchlässe realisiert. Sie hat aber das Manko, dass die Frischluftzuführung nur erfolgt, wenn die Luftfeuchte außen niedriger ist als innen, die Lüftung also wetterabhängig ist.

Besser: Dezentral oder zentral

Zu den ventilatorgestützten Systemen zählen Einzelraumgeräte (dezentrale Lüftungssysteme) und Zentralsysteme für Zuluft und Abluft. Dezentrale Lüftungssysteme sind Einbauten für jeweils einen Raum, z. B. im Bad. Ein Lüftungskonzept für das gesamte Haus basiert hier also auf einer Zahl raumbezogener Einzelgeräte. Bei zentralen Lüftungssystemen wird die Zuluft über ein Verteilsystem in die Wohn- und Schlafräume eingeblasen. Die Frischluft gelangt anschließend über Überströmluftdurchlässe in die übrigen Räume einer Wohnung und die Absaugung der verbrauchten Luft erfolgt direkt aus den Räumen mit der höchsten Belastung – also Küche, Bad und WC.

Üblich bei Sanierungen

Heute ist es so, dass bei der Sanierung von Häusern fast ausschließlich Einzelraumsysteme eingebaut werden, bei einer Kernsanierung sieht das anders aus. Für Einzelraumsysteme sprechen mehrere Gründe: Sie sind kostengünstiger als zentrale Lüftungssysteme, sie sind vergleichsweise schnell und einfach zu installieren und sie erfordern vergleichsweise geringe Durchbrüche durchs Mauerwerk. Die meisten heutigen Geräte am Markt sind außerdem sehr leise im Betrieb, und, was technisch gesehen wohl mitentscheidend für die Entscheidung ist: Auch Einzelraumsysteme gibt es mit Wärmerückgewinnung. Diese sind zu empfehlen.

So funktioniert Wärmerückgewinnung

Das Prinzip der Wärmerückgewinnung ist im Grunde genommen recht einfach: Genutzt wird die in der warmen, feuchten Luft enthaltene Energie, z. B. aus Küche, Bad, WC („Abluft“), um die kalte „Außenluft“ vorzuwärmen. Diese wird als „Zuluft“ den Aufenthaltsräumen wie Wohn-, Schlaf-, Kinder- und Arbeitszimmer zugeführt. Die in der Abluft enthaltene Wärme wird im Wärmetauscher der Lüftung auf die Zuluft übertragen. Bis zu 50 % der Wärmeenergie können nach derzeitigem Stand so zurückgewonnen werden. Da die Luftströme im Wärmetauscher des Lüftungsgerätes voneinander getrennt sind, werden dabei keine Gerüche oder Verunreinigungen mit ausgetauscht. Viele moderne dezentrale und zentrale Lüftungssysteme verfügen z. B. auch über Filter, um die einströmende Luft von Feinstaub und Pollen zu befreien.

Lüftungssysteme heute ein Muss

Nicht nur aufgrund der drastisch gestiegenen Energiekosten ist es heute kaum akzeptabel, ungefähr 50 % der Wärme über die manuelle Fensterlüftung zu verlieren. Die Dämmstandards von heute führen dazu, dass das Thema Lüften eine sehr große Bedeutung gewinnt und wie es technisch vollzogen wird. Das gilt für den Neubau als auch für umfangreiche energetische Sanierungen im Bestand. Lüftungssysteme sind heute konsequenter Bestandteil eines energetischen Konzepts. Hervorzuheben sind dabei dann die Systeme, die zusätzlich eine Wärmerückgewinnung bieten.

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